Browser Games und die Wirtschaftskrise
Frage 1: Nun hätte man ja vor einigen Jahren im Game Verband noch in keinster Weise mit Browser Games assoziiert. Unterscheiden sich die Bedürfnisse von Browsergamesentwicklern und den Entwicklern von Vollpreistiteln überhaupt noch merklich?
Antwort MB: Die Entwicklung ist vielschichtig. Natürlich hat ein Entwickler von Vollpreistiteln oder gar Next Generation Konsolentiteln andere Bedürfnisse als ein Entwickler von Browser Games. Auf der anderen Seite sind die Interessenlagen häufig sehr ähnlich. Es geht ja darum, Computerspiele zu entwickeln, also sich auszudenken und ihre konkrete Umsetzung zu betreiben. Browser Games sind eben deswegen sehr erfolgreich, weil man den Client nicht herunter laden muss, das heißt die sind ein spezieller Bereich von Computerspielen, die besonders in Deutschland erfolgreich sind. Aber sie sind Computerspiele und daher ist es völlig richtig, dass die Browsergamesentwickler alle dem Game Bundesverband in den letzten Jahren beigetreten sind.
Frage 2: Obwohl die US Spieleindustrie im Februar noch von zweistelligen Wachstumsraten spricht, hört man bereits von drastischen Sparmaßnahmen bei Firmen wie EA oder Sony, der Gaming Sender Giga muss sogar seinen kompletten Sendebetrieb an den Nagel hängen. Was ist denn nun der Fall? Steck die Spielebranche allgemein betrachtet tatsächlich in einer finanziellen Krise oder ist sie davon weitgehend unberührt?
Antwort MB: Durch die Computerspieleindustrie geht ein tiefer Graben. Computerspiele, die traditionell im Box-Bereich über den Einzelhandel vertrieben werden, seien es PC Spiele, die in besonderem Maße betroffen sind oder Konsolenspiele, die weniger betroffen sind, müssen mit der Wirtschaftskrise umgehen, denn Computerspiele sind ein teures Unterhaltungsmedium, dass im besonderen Maße natürlich auch von den Kürzungen betroffen ist. Es hat keinen Sinn daran herumzureden. Auf der anderen Seite steht der Onlinebereich. Der Onlinebereich profitiert in besonderem Maße von der Wirtschaftskrise. Denn viele Computerspieler gehen nun auf Free-to-Play-Games über, die besonders stark in Deutschland sind. Daher können wir nur feststellen, dass sich der Wandel vollzieht und insofern ist die Wirtschaftskrise eine wichtige Grundlage für den wichtigen Strukturwandel. Es sei in diesem Zusammenhang deutlich gesagt, dass wir in Deutschland und möglicher Weise auch in ganz Europa die Entwicklung hin zu Online Games als einen Beitrag zu der Verselbstständigung der deutschen und europäischen Computerspieleindustrie sehen können, denn viele Elemente in der Distributionskette fallen weg und die Entwickler und Hersteller werden stärker. An dieser Stelle ist hier Europa am stärksten.
Frage 3: Oft kursiert sogar die Meinung, dass die Unterhaltungselektronik profitiere von Krisen, da die Leute in solchen Zeiten öfter spielten. Ist da etwas Wahres dran?
Antwort MB: Ja, das kann durchaus sein. Natürlich ist die Entwicklung dahin gehend, dass sich Menschen gerade auch in Krisensituationen stärker mit Computerspielen befassen. Genauere Studien dazu kenne ich jedoch nicht.
Frage 4: Um nun wieder zu den Browser Games zurück zu kommen: Die Gameforge AG beispielsweise legte erst kürzlich Berichte vor, wonach das Unternehmen derzeit um 350 Prozent wachse und hunderte neue Mitarbeiter einstelle. Gibt es in der Browser Games-Branche bezüglich der Wirtschaftskrise vergleichsweise tatsächlich besser als der herkömmlichen Spieleindustrie?
Antwort MB: Ja das kann man so sagen. Natürlich sind die Online –und Browser Games im besonderen Maße auf Profiteure der Entwicklung der Breitbandverkabelung die nun gerade stattfindet und der sog. Netzwerkneutralität, also der Tatsache, dass die Internetprovider und die Infrastrukturunternehmen dem Content diskriminierungsfrei in gleichem Maße liefern müssen wie alle anderen Inhalte. Solange das so bleibt, wird es im Onlinebereich, gerade in Deutschland und Europa, einen besonders großen Wachstumsbereich geben. Es ist wichtig, dass wir diesen Wachstumsbereich so gut wie möglich unterstützen, denn er ist eine einmalige Chance für Europa, in diesem komplizierten Umfeld wieder auf das Weltniveau aufzuschließen.
Frage 5: Sehen Sie ein Problem darin, dass die meisten Browser Games durch den hohen Anteil an externen Werbeeinnahmen in speziellem Ausweis vom Wohlergehen anderer Wirtschaftszweige abhängig sind?
Antwort MB: Das ist sicherlich nur ein Teilbereich. Die größten Einnahmen erzielen Computerspieleentwickler im Browser –und Onlinespielebereich ja durch Scriptions bzw Item Celling Models, d.h. die Bezahlwege funktionieren im Wesentlichen nicht über Werbefinanzierung sondern anders. In sofern ist es sicher so, dass eine Abhängigkeit vom Werbemarkt, wie es etwa während der ersten .com-Aera zu verheerende Folgen gehabt hat, im Online –und Browserspielebereich niedriger ausfallen wird. Insofern ist hier ein Zusammenhang nur in gewissen Grenzen sichtbar. Es ist allerdings richtig, dass natürlich auch Werbefinanzierte Online-Computerspiele existieren. Deren Werbung bezieht sich aber häufig nicht auf klassische Industriegüter, denn die Computerspieler sind ja typischer Weise nicht zwingend die Kernfokusgruppe solcher Produkte.
Frage 6: Auf Antrag des Game Verbandes hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie der GGC nun einen deutschen Gemeinschaftsstandort organisiert, der auch kleineren Anbietern unter dem Motto „Made in Germany“ einen Ausstellungsraum bietet und an dem sich unter anderem auch Big Point beteiligt. Da Sie gerade dort hin unterwegs sind, können Sie uns Näheres über das Konjunkturpaket „live“ verraten?
Antwort MB: Der Game Bundesverband hat schon lange für einen guten Beziehung zum AUMA (Ausland messe Ausschuss) unter einem Stand der … nun schon zum vierten Mal durchgeführt. Das hat mit der Konjunkturkrise an sich nichts zutun. Sondern es ist eine Chance, der weltweiten Rolle Deutschlands in diesem Umfeld gerecht zu werden. Wir sind sehr froh, dass die AUMA uns im Auslandsmesseprogramm aufgenommen hat.
Frage 7: Zu guter Letzt noch ihre Einschätzung. Werden Browser Games die herkömmlichen kleinen Spiele eines Tages vollends überflügeln, oder stößt das scheinbar exponentielle Wachstum zu Branche bald an ihre Grenzen?
Antwort MB: Ganz sicher ergänzen sich klein basierte und Browser Games im Markt. Sie spielen nicht die Selbe Rolle sondern sind in ihrem Spezifika sogar aufeinander angewiesen. Man muss das Verhältnis zwischen Browser Games und Client Base Games ähnlich sehen wie das Verhältnis in einem biologischen Symbionten. Browser Base Games sind leichter zugänglich und können deswegen auch als Werbemittel für Client Base Games genutzt werden. Gleichzeitig haben Client Base Games natürlich eine viel größere Bildschöpfungstiefe, weil sie sehr viel mehr Inhalte platzieren können. Und das Erlebnis der Client Base Games ungleich höher liegt.
2009 veröffentlicht