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Artikel Tagged ‘Computerspiele’

Computerspiele sind kein Produkt wie jedes andere

Immer wieder taucht die Frage auf, wie viel Förderung der Spiele- Entwicklung sinnvoll ist. Die Antwort liegt in der goldenen Mitte: Fördert man zu viel verliert man den Markt aus dem Auge, fördert man zu wenig verliert ein Land Zukunftschancen. Aber Kultur und Kommerz ist kein Widerspruch, sondern kann sich ergänzen.

Weitgehend einig ist man sich heute, dass die Vorstellung, Computerspiele würden sich ohnehin in jedem Fall allein über ihre Produktqualität am Markt durchsetzen eine kurzsichtige und einseitige Darstellung ist. Das hat weniger mit innereuropäischem Wettbewerb als vielmehr mit dem Wettbewerb mit außereuropäischen Ländern zutun. Denn Computerspiele aus Deutschland konkurrieren am Markt mit Waren aus anderen Ländern in denen zum Teil subventioniert wird oder andere Marktvorteile bestehen, die nicht unmitelbar mit dem Produkt zusammenhängen. Umgekehrt ist es sicherlich richtig, dass allein mit Förderung noch keine besseren Produktlinien entstehen, die sich dauerhaft am Markt behaupten können. Dazu gehört mehr. Technologische, wirtschaftliche und kulturelle Argumente können gemeinsam oder getrennt in verschiedenen Nuancen Förderung legitimieren. Eine gewisse Konkurrenz der Systeme – auch um die beste Förderart – kann auf regionalem oder überregionalem Terrain durchaus hilfreich sein. Deutschland insgesamt hat ein ungeheures Potential.

Die Spieleindustrie ist keine Industrie wie jede andere, sondern eine Industrie mit einer wachsenden kulturellen Bedeutung. Wir brauchen besondere Förderung aber wir brauchen auch eine vielschichtige und vorausschauende Qualitätsdebatte. Die enormen Verkaufszahlen von Heavy Rain zeigen, dass kulturell geförderte Produktionen wirtschaftliche Erfolge werden können. Das ist auch keine Überraschung, denn was uns begeistert kann uns und andere kulturell berühren und gerade deshalb zum Erfolg werden. Insoweit ist die Frage wichtig, ob kulturelle Gesichtspunkte etwas mit Jugendschutz zu tun haben. Wahrscheinlich schon, aber nicht in der Art, dass Jugendschutz unser Kulturverständnis begrenzt, sondern umgekehrt Kultur kann unser Jugenschutzverständnis beeinflussen. Aber auch wenn es zu dem fraglos kuturell wertvollen Film „Der Baader – Meinhof Komplex“ ein Spiel gegeben hätte, könnte es kulturell wertvoll sein. Ich rate hier zur Liberalität. Zu viel Jugendschutz steht mitunter mit der Kreativität in einem Zielkonflikt.

Was aber unbedingt nötig ist, ist dass man die Fördermechanismen auch als Computerspiele- Förderung benennt. Nur so kann man erreichen, dass sich die Spieleentwickler auch angesprochen fühlen. Deshalb ist es zu begrüßen, wenn sich Bundesländer, aber auch Nationalstaaten ausdrücklich zur Entwicklungsförderung für Compuiterspiele bekennen und wir, die Spielebranche diese auch aktiv einfordern. Denn Computerspiele sind kein Produkt wie jedes andere und sollten deshalb auch besonders behandelt werden.

 Gamesmarkt 2010

Angewandte Computerspiele

 

„Serious Games“ sind angewandte Computerspiele. Dieses Fremdwort kommt aus dem Englischen und trägt dem Gedanken Rechnung, dass Computerspiele nicht nur zu Unterhaltungszwecken, sondern auch zu Zwecken entwickelt werden, die jenseits der reinen Unterhaltung liegen können, sog. „Serious Games“. Der Begriff wurde, wie weithin bekannt, zunächst von Ben Sawyer (www.dmill.com) geprägt. Es geht also um die Nutzbarkeit von Computerspielen für Trainingszwecke, als Recriutment Tool, es geht um die Übertragung der Technologie von Computerspielen und ihrer Konzepte für Gesundheitszwecke oder andere anwendungsorientierte  Projekte.

Angewandte Computerpiele eben .Es gibt Kunst und angewandte Kunst, die einen Zweck verfolgt, der über bloße Kunst hinausgeht. Es gibt Forschung und angewandte Forschung, die über die bloße Forschung als Selbstzweck hinausgeht.

Aus einer Inhaltsperspektive kann man angewandte Computerspiele durchaus mit Dokumentarfilmen oder Industriefilmen vergleichen, wenn man dies ins Verhältnis zum Fiktionsfilm stellt. Die zu Grunde liegende Technologie ist natürlich üblicher Weise ähnlich oder die Selbe, aber es wird eben nicht von Kulturwellen und spielerischen Elementen getrieben, die der Massenmarkt zu bieten hat, sondern es gibt eben ein zusätzliches, sog. Ernsthaftes Zweckelement. Technologisch sind sie vergleichbar mit Technologie -Spin Offs der Luftfahrt –und der Raumfahrtindustrie sowie der Militärtechnologie.

Die ersten „Serious Games“ wurden in einem militärischen Kontext entwickelt. Militär hat auch immer wieder Spieleentwickler angesehen um zu geringen Preisen Simmulationstechnologie zu bekommen, die sowohl genau als auch mitreißend war. Aus einer technologischen Perspektive sind die Innovationen der Spieleindustrie häufig vernachlässigt worden. Dies gilt insbesondere für die klassische Old Economy und wurde immer  wieder mit dem schwierigen Image der Computerspiele als neues interaktives Medium begründet. Diese Fragen haben die Technologie der Spieleindustrie  außerhalb der klassischen Industrien sich entwickeln lassen, weil eben gerade Computerspiele nicht als Serious Games (ernsthafte Spiele) anerkannt waren.

Aber die Kraft des Personalcomputers (PC), der Grafikkarten des Breitbandes, auch von intelligenten Software Agenten und genaue Physics Modelle und vor allem auch die Fähigkeit mit User-interfaces zu arbeiten, haben es unmöglich gemacht, Computerspieletechnologien weiterhin zu ignorieren. In Europa wird das interessante Konzept von Serious games, von angewandten Computerspielen daher leider oft missbraucht um einen politischen Kompromiss zwischen Skeptikern von Computerspielen insgesamt und den Notwendigkeiten und Zwängen der Anerkennung von Computerspieltechnologien der modernen digitalen Welt zu schließen . Für uns ist es wichtig, dass angewandte Computerspiele in ihrem notwendigen Teilbereich Anerkennung finden. Die Computerspieleindustrie in ihrer ganzen Breite und ihren Vormarsch als zentralen Baustein der digitalen Unterhaltungswelt sollten sie allerdings nicht bremsen. Angewandte Computerspiele sind eben die Anwendung von Computerspielen, nicht sie selbst und können sie nicht ersetzen.

Zuerst Veröffentlicht bei Gamesmarkt