Archiv

Artikel Tagged ‘GAME’

Ausbildung ist wichtig, aber kein Allheilmittel

Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass wir im Computerspielebereich zu wenige ausgebildete Kräfte haben. Zunächst einmal ist es wohl richtig, dass wir – trotz Krise – in Europa eher einen Fachkräftemangel haben. Das liegt auch daran, dass wir als junge Games Branche noch in einer Findungsphase sind und dass spezifische Ausbildungsgänge noch nicht im ausreichenden Maße zur Verfügung stehen. Zugleich sind die betriebswirtschaftlichen, künstlerischen und technologischen Anforderungen an Spielentwickler enorm. Vielfältige Profile, hohe Anforderungen und eine klare Ergebnis- und Businessorientierung lassen  Raum für Selfmade-men.  Das macht aber auch den Reiz unserer Branche aus, viele Quereinsteiger oder Neueinsteiger beleben unsere Branche und ohne diee wäre unsere Industrie sicherlich auch nicht so interessant. Es kommt mehr als in anderen Branchen (noch) auf die konkrete Leistung, das konkrete Produkt an.

Andererseits gibt es eine gewisse Zurückhaltung seitens der Computerspielstudios gegenüber Universitäten und öffentlich geförderter Forschung. Das hat sicherlich vielschichtige, auch psychologische Gründe. Computerspielstudios werden häufig von Personen geleitet, die schon sehr früh angefangen haben, Computerspiele zu entwickeln und die deswegen keine akademische, sondern eine praktische Karriere gemacht haben. Die verschiedenen Welten zu überbrücken ist nicht immer einfach. Das ist auch einer der Gründe, warum bislang nur in wenigen Fällen Computerspielestudios an kollaborativen Forschungsprojekten beteiligt sind.

Ein Spanungsfeld ist auch das konkrete Anforderungsprofil. Es gibt offene Stellen in unserer Branche und das trotz der Krise. Zugleich gibt es in allgemeinen Fragen sehr gut ausgebildete und hochmotvierte Studienabgänger. Andererseits: Arbeitnehmer brauchen Erfahrung, und zwar echte Industrieerfahrung, nicht nur Ausbildungserfahrung um sofort anfangen zu können. Das ist nicht so einfach zu bekommen. Hier beißt sich häufig die Katze in den Schwanz.

Was ist zu tun? Die Diskussion ist notwendig, aber sie darf nicht von der Diskussion um die Finanzierung der Computerspielstudios abzulenken. Denn eines ist sicher, die Ausbildungsdiskussion hängen auch mit der Finanzausstattung der Computerspielstudios zusammen. Denn Mitarbeiter von Computerspielstudios, die auf Dauer zu wenig verdienen, werden sich möglicherweise neu orientieren. Oder sie wandern ins Ausland ab, wenn dieses besser bezahlt.  Nein, Ausbildung ist kein Allheilmittel wohlfeil vorgetragen von sogenannten Experten. Was wir brauchen ist eine konstruktive und sachorientierte Diskussionen um Ausbildungsformen und Strukturen- und natürlich um Lehrinhalte. Und insoweit auch eine Konkurrenz der Syteme. Ich selbst unterrichte seit vielen Jahren an der Berliner Games Academy und einer französischen Universität und ich erlebe die unterschiedlichen herangehensweisen als außerordentlich befruchtend. Dabei muss im Mitelpunkt stehen, welche Ausbildung konkret und individuell für die Anforderungen der Industrie Bedeutung hat. Formale Fragen sollten eine möglichst geringe Rolle spielen. Dann können wir mit Ausbildung einen entscheidenden Schritt nach vorne kommen.

 Zuerst erschienen bei Gamesmarkt 2009

Game Entwickler- Politik in Europa

 

 Der GAME – Verband vertritt die Interessen der Entwickler von Computerspielen in Deutschland. Mit unserer Arbeit sind wir aber nicht allein in Europa. Kein Wunder, denn das Aufkommen von Entwicklerverbänden ist Bestandteil eines gewissen Normalisierungsprozesses, der auch in den anderen Staaten Europas besteht. In allen großen Staaten Europas sind in den letzten zwei Jahren Computerspielentwicklerverbände entstanden lassen, so in England, Frankreich, Dänemark, Holland und Deutschland. Diese haben sich wiederum zu einer europäischen Föderation zusammen- geschlossen. Am 7. Februar 2005 haben sich diese Verbände erstmalig hier in Berlin auf der Transmediale gemeinsam der Öffentlichkeit vorgestellt. In jedem Land gibt es ähnliche Probleme: Es gibt eine spezifische Gameskultur, die an wirtschaftlicher Bedeutung verliert, aber an kulturelle Bedeutung gwinnt. In kleinen Ländern ist die Situation anders.

Denn auch auf europäischer Eben gibt es Aktivitäten. Grundsätzlich ist ja der europäische Diskurs von Deregulierung geprägt. In vielen Sektoren ist das ja auch sinnvoll nationale Regulierungen zu Harmonisieren, um Marktzutrittsschranken im innereuropäischen Wirtschaftsraum abzubauen. Glücklicherweise besteht jedoch auch die Überzeugung, dass in den Netzwerkökonomien die Skaleneffekte zu großen Wettbewerbsproblemen führen können. Daher ist die europäische Vorstellung im Mediensektor nicht von dieser Deregulierungswut geprägt. Hier wird eher klassisch operiert und dies wird – sehr vernünftig – mit Bezügen zur kulturellen Diversität, zur deomkratischen Tradition der Mitgliedastaaten und dem sensiblen Verhältnis von wirtschaftlicher Macht und kultureller Hegemonie im Mediensektor begründet. Also: Im Mediensektor gelten andere Regeln.

Wie in Deutschland gibt es einen kulturpolitischen und einen innovationspolitischen Diskurs. Der kulturpolitische Ansatzpunkt ist das Media Plus Programm, dass im Prinzip schon heute für die Entwicklung von Multimediainhalten offen steht. Es gibt auch eine Reihe von Spieleprojekten, die hier gefördert wurden. So flossen im letzten Jahr 66 % der Media Plus Gelder, die nach Dänemark bewilligt wurden in Game- Projekte. Wir begleiten nunmehr das Media Plus Programm in seiner Reform aktiv und versuchen Einzelpunkte so zu verändern, dass sie besser auf das Media Plus Programm passen.

Wichtig ist auch der innovationspolitische Bereich. Neu ist unser Engagement im Bereich der Diskussion um das Forschungs- Rahmenprogramm der EU. Gerade große Unternehmen tun sich ja bekanntlich mit Innovationen sehr schwer. Es ist viel einfacher kleine, innovative Unternehmen zu kaufen als selbst Innovationen zu entwickeln, wenn man groß ist. Daher ist es so wichtig, dass gerade auch kleine und mittlere Unternehmen aus der Speielentwicklung hier eingebunden werden. In dieser Debatte fällt auf, dass wie bei einem Tanz um das goldenen Kalb alle Inhaltemittler, wie Telefon- Gesellschaften oder Fernsehanstalten den Dialog mit der Inhaltesseite anbieten. Andererseits sitzt außer uns niemand auf dieser Inhaltesseite. Dabei wäre gerade auch im Bereich der Entwicklungssoftware einiges zu gestalten. Software ist im Wesentlichen deshalb stark, weil sie von Vielen benutzt wird. Auf die technologische Innovationskraft kommt natürlich an, aber zugleich kann man eine solche Lösung auch als einen Standard begreifen, eine politische Vereinbarung also. Wenn es hier gelänge einen europäischen Standard zu entwickeln, dann wären wir schon viel weiter. Wir müssen es nur tun.

Game Face 2005